Technikärgernis Maßeinheiten: Warum Festplatten plötzlich schrumpfen - DER SPIEGEL
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Technikärgernis Maßeinheiten Warum Festplatten plötzlich schrumpfen

Wie groß ist ein Gigabyte? Programmierer, Software-Konzerne und Festplattenhersteller haben da ganz unterschiedliche Definitionen. Weil Apple und Microsoft Standards ignorieren, schockt Anwender immer wieder plötzlicher Speicherschwund: Die Festplatte war im Laden doch größer!

Jede Woche wieder entdeckt irgendwo in Deutschland ein Computernutzer, dass ihm Unbekannte eine Menge Gigabytes gestohlen haben. Die Web-Foren sind voller Berichte  über solche Speicherplatz-Diebstähle. Da kauft sich jemand eine "Festplatte mit 320 GB" und stellt fest: "Nun an XP angestöpselt - siehe da: 298 GB! Kann ich da was ändern, oder ist das normal, oder soll ich das Teil zurückbringen?"

Ein anderes Opfer vermisst "auf der 250-GB-Platte 18 GB und auf der 400-GB-Disk etwa 28 GB" und vermutet einen Defekt. Bei der Partitionierung habe die Software ja "die Festplatte mit 400 GB angezeigt, beim nächsten Programmstart auf einmal nur noch 372 GB". Der Hilferuf: "Die verlorenen 28 GB kann ich nicht finden!"

Es gibt viele wilde Theorien, mit denen Forenautoren diesen Speicherschwund  erklären. Die Hersteller runden angeblich "großzügig auf", die Formatierung "koste viel Speicherplatz", und: "Jede Platte braucht einiges an Speicher für sich selbst!"

Das klingt alles ganz süß, stimmt aber nicht wirklich: Die großen Abweichungen bei den Angaben zum Speicherplatz rühren daher, dass Festplattenhersteller und Betriebsysteme mit zwei unterschiedlichen Standards rechnen und einige Programmierer sich nicht entscheiden können. Wenn auf einem DVD-Rohling "4,7 Gigabyte" Kapazität stehen und Mac OS X nur "4,38 GB" Speicherplatz entdeckt, ist das beides irgendwie richtig.

Zweier- oder Zehnerpotenzen?

Für Nicht-Informatiker ist es nicht ganz so einfach, das zu verstehen. Computer arbeiten mit einem anderen Zahlensystem als wir im Alltag: Alle Einheiten des in der Informatik genutzten Binärsystems sind Potenzen von Zwei ( siehe Binärsystem bei SPIEGEL WISSEN ). Nur solche Zweier-Zahlen können die Transistoren in Computerchips nachbilden - sie lassen entweder Strom fließen oder nicht, an oder aus, eins oder null.

Weil Informatiker so sehr ans Dualsystem gewöhnt sind, beziffern sie seit Jahrzehnten Datenmengen mit einem ähnlich aufgebauten Maßsystem - in Zweierpotenzen. Ein Bit ist die Basis, null oder eins. Acht solcher Bits sind ein Byte. Und zwei hoch zehn solcher Bytes, also 1024, sind ein Kilobyte. Und so rechnen die Informatiker dann weiter: Zwei hoch 20 Bytes sind ein Mega-, zwei hoch 30 Bytes ein Gigabyte.

Der Rest der Welt rechnet aber etwas anders. Ein Kilometer hat ja nicht 1024, sondern 1000 Meter, und eine Tonne entspricht auch nicht zwei hoch 20 Gramm, sondern zehn hoch sechs, also einer Million Gramm. Gewichte und Entfernungen geben zumindest Europäer mit Maßeinheiten an, die sich in Zehnerpotenzen steigern.

Microsoft und Apple ignorieren Standards

Die Einheiten reguliert das Internationale Büro für Maße und Gewichte. Es hat vor Jahrzehnten festgelegt, dass ein Kilo immer dem 1000-fachen des Ursprungswerts entspricht. Wenn Informatiker also von einem Kilobyte sprechen und damit 1024 Bytes meinen, weichen sie von einem internationalen Standard ab - um 2,4 Prozent. Dieses Kuddelmuddel wollte das Normungsgremium für Elektrotechnik IEC im Jahr 2000 ein für allemal beenden.

Seit November 2000 gilt, dass 1000 Bytes einem Kilobyte entsprechen und 1000 Kilobytes einem Megabyte und so weiter. Wer das alte Binärsystem benutzt, soll doch bitte fortan von Mebi- und Gibibytes sprechen und als Abkürzung auch GiB statt GB verwenden, damit die Verwirrung aufhört.

Die IEC-Normer warnten damals, die Probleme dieses Standard-Kuddelmuddels würden mit der Zeit immer größer werden: "In einigen Jahren wird der Speicherplatz auf herkömmlichen PC und Laptops in Terabytes gemessen werden. Hier weichen Angaben in der Binärmaßeinheit schon um fast zehn Prozent von der im Zehnersystem ab. Bei Exa-Einheiten wird die Abweichung schon bei fast 20 Prozent liegen." (siehe Tabelle unten). Je größer Festplatten werden, desto deutlicher tritt die Verwirrung bei den Maßeinheiten zutage.

Verwechslungsgefahr: Wer Gigabyte sagt, meint oft Gibibyte

Stufe Dezimal-bezeichnung Bytes Binär-bezeichnung Bytes Differenz (%)
1 Kilobyte
(kB)
1000 Kibibyte (KiB) 1024 2,40
2 Megabyte
(MB)
1000000 Mebibyte (KiB) 1048576 4,86
3 Gigabyte
(GB)
1000000000 Gibibyte
(GiB)
1073741824 7,37
4 Terabyte
(TB)
1000000
000000
Tebibyte
(TiB)
1099511
627776
9,95
5 Petabyte (PB) 1.00E+15 Pebibyte
(PiB)
112589990
6842624
12,59

Im Jahr 2000 warnten die IEC-Normer : "Die Probleme für Ingenieure, Kunden und Marketing-Verantwortliche werden immer größer, deshalb haben wir einen Standard erarbeitet." Nur leider ignorieren die beiden großen Anwender-Betriebssysteme Windows und MacOS diesen Standard komplett und beziffern Datenmengen im guten alten Binärformat, ohne das kenntlich zu machen. Wenn Windows und Mac OS X behaupten, "GB" zu messen, meinen sie eigentlich "GiB". Die Hersteller von Festplatten, Speicherkarten und USB-Sticks hingegen nutzen ausschließlich den Zehnerstandard.

Das führt zu absurden Ergebnissen: Dass auf der Verpackung eines DVD-Rohling 4,8 GB steht, Mac OS X und Windows aber nur 4,38 GB entdecken, ist man inzwischen gewöhnt. Dass Apple aber in der eigenen Werbung von 80 GB spricht, das Apple-Betriebssystem aber nur 74,21 Gigabyte ausmacht, ist schon absurd.

Apple-Sprecher Georg Albrecht argumentiert, das habe sich so eingespielt: "Wir bauen ja die Festplatten nicht selbst und verwenden, wie alle Hersteller, die SI-konforme Bedeutung ein GB für eine Milliarde Byte. Ebenso verwenden alle mir bekannten Betriebssysteme die gleiche Abkürzung GB im Binärsystem."

Warum man nicht einfach das Betriebssystem dem neuen Standard anpassen kann, erklärt Microsoft-Sprecher Thomas Baumgärtner so: "Das ist eine riesige Aufgabe." Alle Vorgänger-Systeme und alle Programme nutzen ja das bei der Programmierung von Anfang an verwendete Binärsystem. Eine Umstellung könnte zu enormen Problemen führen, deren Ausmaß kaum abzusehen ist. "Alte Laufzeitbibliotheken könnten plötzlich ungültig sein, Programme würden womöglich abstürzen." Baumgärtner: "Gott hat die Welt ja nur in sieben Tagen erschaffen können, weil es keine installierte Basis gab."

Binärsystem verwirrt Telekom

Immerhin sind die Rollen hier klar verteilt: Die großen Anwender-Betriebssysteme halten sich nicht an den Standard, die Hardware-Hersteller schon. In welchen Einheiten aber nun zum Beispiel T-Online, Telekom und T-Mobile ihre Datenübertragungsraten und Inklusiv-Volumen berechnen, ist nicht wirklich ersichtlich. Die Telekom berechnet  mal auf ihrer Web-Seite in Binärlogik, ein "Megabit habe 1024 Kilobit", T-Mobile wiederum gibt in Zehnersystematik  an, ein Megabit habe "eine Million Bit".

Eine Anfrage von SPIEGEL ONLINE vom Donnerstag, nach welchem Standard man nun rechne, hat die Telekom bis heute nicht beantwortet.

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